Leonie Meil: Im Einklang mit dem Zyklus
Leonie ist eine leidenschaftliche Ernährungsberaterin, die sich auf die Bedürfnisse von Frauen spezialisiert hat. Sie teilt ihre Geschichte und ihren Weg in die Ernährungsberatung, inspiriert durch persönliche Erfahrungen und das Bedürfnis, andere Frauen zu unterstützen.
Lipid Legends: Leonie, könntest du uns zu Beginn ein wenig über dich und deine Geschichte erzählen? Was hat dich dazu inspiriert, Ernährungsberaterin für Frauen zu werden?
Leonie Meil: Ich habe mich schon lange vor dem Diätologie-Studium mit Ernährung beschäftigt – hauptsächlich ging es dabei allerdings um Diäten und wie man denn am besten abnimmt. Es war in meinem Umfeld damals ganz normal, Diäten zu machen. Somit bin auch ich damals – zumindest aus heutiger Sicht – in ein eher ungesundes Essverhalten gerutscht. Es kam dann eine Zeit, da wollte ich es einfach genauer wissen, mir fundiertes Wissen aneignen und damit anderen Leuten helfen - so kam ich zum Diätologie-Studium. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen als Frau, was die Themen Schönheitsideale, aber auch Zyklus- und Hormongesundheit
angeht, war für mich schon bald klar, in welche Richtung ich mein Ernährungswissen vertiefen möchte. Die Kluft zwischen dem, wie Frauen glauben, sich ernähren zu müssen, um gesund bzw. schlank zu bleiben, und den tatsächlichen ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen ist in meinen Augen Riesen groß. Diese Lücke möchte ich mit meiner Arbeit schließen.
LL: Leonie, du beschreibst Frauen als „zyklische Wesen“. Wie beeinflusst der weibliche Zyklus die Ernährungsbedürfnisse und wie passt du deine Beratung daran an?
LM: Beispielsweise verändert sich der Energiebedarf im Laufe des Menstruationszyklus. In der Lutealphase steigt der Energieverbrauch an, während der Hunger rund um den Eisprung eher gedrosselt ist. Aus diesem Grund wäre es fatal, zu empfehlen, immer dieselbe Menge zu essen bzw. die Anzahl von Mahlzeiten strikt vorzugeben. Ich beziehe deshalb in meinen Beratungen das Thema “Hunger und Sättigung” mit ein, damit die Frauen selbst ein Gespür dafür bekommen und dem entsprechend auch besser auf ihre unterschiedlichen Bedürfnisse im Laufe des Zyklus eingehen können.
LL: Deine Mission ist es, Frauen aus der Diätfalle zu befreien und ihnen zu einem gesunden Essverhalten zu verhelfen. Was sind die
größten Herausforderungen, denen du dabei begegnest, und wie überwindest du sie?
LM: Viele meiner Patient*innen kommen zu mir in die Beratung, eben genau weil sie abnehmen möchten. Diese selbstzerstörerischen Glaubenssätze rund um Diäten und Schönheitsideale abzubauen, ist eine der größten Herausforderungen. Sehr viele Frauen kämpfen mit einem gestörten Essverhalten und einem negativen Selbstbild. Daher braucht es sehr viel Einfühlungsvermögen und Verständnis in den Beratungen, damit man
Vertrauen aufbauen kann und die Frauen letztendlich dazu bereit sind, mehr zu essen und das schlechtes Gewissen oder die Angst vor einer Gewichtszunahme abzubauen. Umso mehr freut es mich, wenn meinen Patientinnen dann eine Last vom Herzen fällt und sie von Beratung zu Beratung mehr Wohlbefinden verspüren – und das unabhängig davon, wie viel sich auf der Waage getan hat.
LL: Zyklusgerechte Ernährung ist ein zentrales Thema deiner Arbeit. Kannst du uns ein konkretes Beispiel geben, wie eine Frau ihre Ernährung im Einklang mit ihrem Zyklus gestalten kann?
LM: Kommen wir am besten auf die prämenstruelle Phase zu sprechen. Viele stehen ja mit dieser Zyklusphase eher auf Kriegsfuß, da sie häufig unter Heißhunger, körperlichen Beschwerden und Stimmungsschwankungen leiden. Nun tendiert man eben oft dazu, gegen seinen Körper zu arbeiten. Keine Energie für Sport? Man pusht sich trotzdem irgendwie und schleppt sich ins Fitnessstudio. Mehr Hunger? Der wird einfach mit Kaffee unterdrückt. Meiner Erfahrung und Ansicht nach darf frau hier wohlwollender mit sich umgehen. Denn indem sie mehr auf ihr natürliches Hunger- und Sättigungsgefühl eingeht und sich mehr Zeit für sich nimmt, fühlt sich auch diese Phase entspannter an und es kommt dadurch sogar meist weniger zu Heißhungerattacken. Es macht also Sinn, bereits über den Tag verteilt mehr und häufiger zu essen, um dann nicht am Abend über die Schokolade, Chips und Co. herzufallen. Den Fokus mehr darauf zu legen, was man FÜR seinen Körper tun kann, anstatt sich ständig zu disziplinieren, kann bereits sehr viel zum Positiven wenden.
LL: Viele deiner Klientinnen leiden unter PMS, PCOS oder Endometriose. Welche speziellen Ernährungsempfehlungen gibst du diesen Frauen, um ihre Symptome zu lindern?
LM: Bei diesen Indikationen lege ich sehr viel Wert auf regelmäßige, nährstoffreiche Mahlzeiten. Einerseits ist die Förderung der Darmgesundheit ein zentrales Thema. Andererseits spielt aber auch die antientzündliche Ernährung eine Rolle. Dabei achte ich auf einen hohen Gemüseanteil, aber auch die Auswahl der Öle und pflanzlichen Fettquellen ist zu beachten. Besonders entzündungshemmend wirken Omega-3- Fettsäuren und diese kommen ja bekanntlich in der westlichen Ernährung oftmals zu kurz.
LL: Du bietest Ernährungsberatung auch während der Schwangerschaft und Stillzeit an. Welche wesentlichen Veränderungen sollten Frauen in dieser Lebensphase an ihrer Ernährung vornehmen?
LM: In der Schwangerschaft und Stillzeit steigt der Energie- und Nährstoffbedarf. Gleichzeitig kann eine Schwangerschaft auf allen Ebenen eine Herausforderung darstellen und den Alltag auf den Kopf stellen. Umso wichtiger ist es in dieser Phase des Lebens, die Intuition der Frauen zu stärken, damit sie ein gutes Gespür für ihre Bedürfnisse entwickeln und diesen auch nachgehen. Noch mehr Fokus dürfen die Frauen in der Schwangerschaft und Stillzeit auf eine gute Eiweißversorgung legen. Gerade in einer Zeit, wo versucht wird, Fleisch und andere tierische Lebensmittel zu reduzieren, wird auf die Deckung des Eiweißbedarfs häufig vergessen. Hier empfehle ich gerne, den erhöhten Eiweißbedarf mithilfe von Zwischenmahlzeiten (Joghurt, Topfencremen und Co.) besser abzudecken. Auch die Lebensmittelqualität und – sicherheit spielt eine große Rolle. Sich mehr Gedanken zu machen, wo die Lebensmittel herkommen, gezielter auszuwählen und eben vor allem in Restaurants keine Risiken bezüglich roher tierischer Lebensmittel einzugehen, bedeutet für einige eine bewusste Umstellung.
LL: Deine Oma hat dich stark inspiriert, sich mit gesunder Ernährung zu beschäftigen. Welche ihrer Lehren oder Weisheiten beeinflussen noch heute deine Arbeit und Beratung?
LM: Meine Oma hat mir vor allem die Freude am Verarbeiten frischer Lebensmitteln näher gebracht. Kochen und Essen dürfen ein Genuss sein – das habe ich mir auf jeden Fall mitgenommen. Sie hat aber auch schon immer den gesundheitlichen Aspekt von verschiedenen Nahrungsmitteln für sich genutzt und interessiert sich bis heute für verschiedene Ernährungsthemen. Dieses Gesundheitsbewusstsein möchte ich mir ebenso wie sie bis ins hohe Alter bewahren.
LL: Du betonst, wie wichtig es ist, die Beziehung zum eigenen Körper zu verbessern und Diäten den Rücken zu kehren. Wie unterstützt du Frauen dabei, eine gesunde und positive Einstellung zu ihrem Körper und Essen zu entwickeln?
LM: Indem ich mich in meiner Beratung nicht auf das Gewicht oder Abnehmen beziehe sondern mich auf das Verhalten konzentriere. Für mich sind die Verbesserung des eigenen Wohlbefindens, der Verdauung oder die intensive Auseinandersetzung mit eigenen Körpersignalen viel wertvollere Ziele als die Zahl auf der Waage. Dadurch entwickelt sich automatisch ein besseres Körpergefühl und dieser etwas andere Zugang stärkt die Selbstwirksamkeit.
LL:Was ist nach deiner Erfahrung das Allerwichtigste, was Frauen für ihre Gesundheit tun sollten?
LM: Das Allerwichtigste ist es, sich wieder bewusster Zeit für die eigene Ernährung und Bewegung im Alltag zu nehmen und sich regelmäßig mit ausreichend Energie und Nährstoffen zu versorgen. Außerdem bin ich der Meinung, dass wir noch offener mit dem Thema Frauen- und Zyklusgesundheit umgehen dürfen, nicht nur untereinander, sondern auch im medizinischen Setting. Abschließend, Leonie, welche Pläne und Projekte hast du für die Zukunft? Gibt es neue Ziele oder Visionen, die du verfolgst? Um ehrlich zu sein, bin ich derzeit sehr zufrieden und möchte erst einmal daran weiterarbeiten, was ich im letzten Jahr aufgebaut habe. Auf jeden Fall habe ich die Vision, noch mehr Frauen mit meiner Arbeit zu erreichen und einfach zugängliche Formate zu schaffen. Außerdem möchte ich in Zukunft noch ein größeres Netzwerk an Fachexpert*innen im Bereich der Frauengesundheit aufbauen, denn gemeinsam kann man noch viel mehr bewirken.
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